Gertrud „Detero“ L. ist die Tochter einer nicht näher bekannten Anna L. Gertrud wird von ihrer Großmutter Helene L. aufgezogen, mit der sie durch das Land reist. Nach deren Tod am 28. August 1927 in Buttstädt wird sie von anderen Roma und Sinti aufgenommen und lebt fortan bei ihnen.
1934 kommt Gertrud L. nach Leipzig und lebt zunächst bei Josef S. und seiner Familie. Am 20. Mai 1935 kommt ihre Tochter Sonja „Nini“ L. in Leipzig zur Welt. Den Namen des Vaters gibt sie nicht an. Im Dezember 1935 wird ihr das Sorgerecht für ihre Tochter entzogen. Sonja wird von ihrer Mutter getrennt und im Mütter- und Säuglingsheim Lange Straße untergebracht. Sie überlebt den Porajmos.
Gertrud L. besitzt keine Papiere. Die Behörden betrachten ihre Staatsangehörigkeit daher als ungeklärt. Ein gültiger Pass ist aber die Voraussetzung für Arbeitspapiere, ohne die sie keiner Erwerbsarbeit nachgehen kann. Im August 1939 beantragt sie einen sogenannten Fremdenpass. Damit wird sie von den Behörden von nun an als Ausländerin und nicht mehr als deutsche Staatsbürgerin geführt. Gertrud erhält einen Fremdenpass und eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die jährlich neu beantragt und genehmigt werden muss.
Seit dem 1. Juli 1939 arbeitet Gertrud L. als Weberin in den Vereinigten Jute-Spinnereien und Webereien, Werk Lindenau, in der Lützner Straße 171. Sie wohnt in der Jacobstraße 15 zur Untermiete. Als vermeintlich staatenlose Ausländerin erhält sie eine ebenfalls jeweils auf ein Jahr befristete Arbeitskarte für den ausländischen Arbeiter. Mit ihrem prekären Aufenthaltsstatus befindet sie sich unter besonderer Beobachtung der Behörden und vor allem der Polizei.
Anfang August fährt Gertrud L. mit einer Freundin ohne polizeiliche Erlaubnis nach Dresden. Die beiden Frauen werden wegen Umhertreiben zugeführt und festgenommen. Aufgrund ihres vermeintlich „asozialen Verhaltens“ wird Gertrud L. in „polizeiliche Vorbeugehaft“ genommen und am 5. September 1941 in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Danach verliert sich ihre Spur. Ihr weiteres Schicksal ist unbekannt.
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Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushalts.
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Historische Recherche
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Fotografie
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Textbeiträge
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Lektorat
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Ausstellungskonzeption
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Katja Liznarjec/Ließner
Regionalsprecherin Domowina – Bund Lausitzer Sorben e.V.
Stadt Leipzig
Abteilung Liegenschaftskataster