Das Polizeipräsidium Leipzig legte in den Jahren 1908 bis 1940 Akten über mindestens 50 Roma und Sinti an. Diese Akten aus der Zeit des Kaiserreichs, aus der Weimarer Republik und aus der Zeit des Nationalsozialismus gleichen sich nahezu vollständig. Die Straftabellen sind leer. Trotzdem wurden sie registriert, erkennungsdienstlich behandelt und fotografiert. In der Kategorie der Verbrecher-Klasse steht allein: [Z*]. Unter den Registrierten befand sich auch Dora W., geboren am 22. April 1913 in Gleiwitz (heute Gliwice, Polen), die unbescholten ist und gegen die nichts vorliegt.
Dora W. lebt zusammen mit Willi „Gorka“ K. und ihren Kindern:
Im Januar 1938 kommt die Familie W. nach Leipzig, wo am 27. März 1940 Nelson „Lille“ W. geboren wird.
In Leipzig leben bereits seit den frühen 1930er Jahren Doras Brüder Adolf „Tschufo“ W. und Josef „Lille“ W. mit ihren Familien. Im Oktober 1934 findet sich ein Vermerk in der Polizeiakte Adolf „Tschufo“ W.s, der einen Blick auf die tatsächliche Realität des oft freundschaftlichen und gutnachbarlichen Miteinanders von Roma und Sinti und anderen Leipziger*innen eröffnet: „[Es] haben sich sogar verschiedene Familien mit den [Z*] angefreundet und besuchen sich gegenseitig.“ Im Jahre 1936 ist Adolf Winter in der Mecklenburg Straße in Leipzig-Möckern und ab 1940 in der Großen Fleischergasse 10 in Leipzig gemeldet.
Alle derzeit bekannten 14 Mitglieder der Familie W. werden im März 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Das weitere Schicksal von Dora W., Willi „Gorki“ K. und ihrer fünf Kinder ist unbekannt. Allein ihre Ankunft im Lager ist verzeichnet, danach verliert sich ihre Spur.
Adolf „Tschufo“ W. starb zu einem unbekannten Zeitpunkt im Jahre 1943. Seine Frau Mimi G., geboren am 9. Januar 1909 in Sieker bei Bielefeld, starb am 8. September 1943. Ihr Sohn Hans „Junge“ W., geboren am 1. März 1930 in Bielefeld, starb am 19. eines unbekannten Monats des Jahres 1944. Ihre weiteren Kinder Sigmund „Lehmann“ W., geboren am 6. August 1933 in Schildau/Torgau, und Marita „Margitta“ W., geboren am 10. November 1936 in Nordhausen, sterben zu unbekannten Zeitpunkten.
Das weitere Schicksal der Frau Josef „Lille“ W., Maria Bortja „Paprika“ L., geboren am 7. Oktober 1905 in Ampfurth/Helmstedt, ist ebenso unbekannt wie das ihrer gemeinsamen Tochter Hanni L., geboren am 8. Januar 1930 in Greppin.
Gesichert ist allein das Überleben von Josef „Lille“ W. Vom Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau wird er in die KZs Buchenwald und Mittelbau/Dora deportiert. Danach verliert sich seine Spur. Es ist unbekannt, wann und wo er befreit wird. Dass er überlebt hat, ist jedoch belegt: Am 10. Mai 1946 wird ihm in Leipzig ein neuer Führerschein ausgestellt. Über seinen weiteren Lebensweg ist bislang nichts bekannt.
Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushalts.
Projektleitung
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Historische Recherche
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Audio
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Textbeiträge
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Lektorat
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Ausstellungskonzeption
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Katja Liznarjec/Ließner
Regionalsprecherin Domowina – Bund Lausitzer Sorben e.V.
Stadt Leipzig
Abteilung Liegenschaftskataster